Amphibien - mehr Details

Erfassung wandernder Grasfrösche Deichstraße/Richthofenstraße Norderney 2017 - 2024

Erfassung durch Mitglieder der BUND Kreisgruppe Norderney

Gegenstand der Untersuchung

Seit 2001 führt der BUND auf Norderney alljährlich im Frühjahr Zählungen der wandernden Grasfrösche auf der Richthofenstraße zwischen Waldweg und Birkenweg sowie auf der Deichstraße zwischen Lüttje Legde und Karl-Rieger-Weg durch. Die betreffenden Straßenabschnitte werden mit Beginn der Amphibienwanderung vom Einsetzen der Dämmerung bis Mitternacht auf wandernde bzw. überfahrene Tiere kontrolliert. Sofern mehrere Kontrollgänge pro Abend durchgeführt werden, wird die maximale Zahl der Totfunde gewertet. Auf Norderney befindet sich ein Großteil des Grasfroschbestandes im nördlichen Teil des Südstrandpolders (vgl. Bios, 2019). Daneben gibt es weitere Bestände u.a. im hier beschriebenen Untersuchungsgebiet zwischen Richthofen- und Deichstraße (Kartenausschnitt: OpenStreetMap).

 

Auswirkungen der Schutzmaßnahmen

Durch die an zwei Straßen grenzenden Laichgewässer quert ein großer Teil der Frösche auf ihrer Wanderung vom Winterquartier zum Laichgewässer zwangsläufig die Straßen und fällt dem PKW-Verkehr zum Opfer. Zum Schutz der Population wird seit 2011 die Deichstraße von einem Amphibientunnel unterführt. Auf der südöstlichen Seite wird der Tunnel von einem stationären Leitsystem aus Betonelementen flankiert. Jeweils mit Einsetzen wärmerer Temperaturen errichten Mitglieder des örtlichen BUND zusätzlich einen mobilen Leitzaun auf der nordwestlichen Seite. Der Kreuzungsbereich Deichstraße/Im Gewerbegelände sowie die Zufahrten zu zwei Privatgrundstücken sind nicht absperrbar. Insbesondere der Bereich zwischen den beiden Wohnhäusern an der Deichstraße Nähe der Straßenkreuzung zum Gewerbegelände ist bisher nur mangelhaft geschützt. Ursächlich für die Totfunde auf der Richthofenstraße ist die Missachtung der nächtlichen Verkehrssperre durch einzelne PKW-Nutzer*innen, vereinzelt kann es zu Opfern durch den Fahrradverkehr kommen, wenngleich das bisher nicht beobachtet wurde.

Besonderheiten im Untersuchungszeitraum

Seit Beginn der Beobachtungen hat sich der Zeitraum der Wanderung durch
wärmere Temperaturen bereits im Februar von Mitte März bis Mitte April auf
Ende Februar bis Anfang April verschoben.

2019
Wie in den Vorjahren konnte auch 2019 beobachtet werden, dass an nur wenigen Tagen ein großer Teil der Grasfrösche ins Laichgebiet wandert. Ideale Voraussetzung ist feuchte Witterung bei über 6°C. An für die Wanderung bevorzugten Tagen nimmt deshalb der BUND nach Möglichkeit mehrere Zählungen pro Abend vor.
2019 gab es Anfang März sowie Anfang April geeignete Phasen, an nur zwei Tagen wurden bei jeweils zwei abendlichen Zählungen am 03.03. (17 Funde) und am 02.04. (14 Funde) über 60% der Gesamtfunde (50 Individuen) dokumentiert.
Die Anzahl der Totfunde bei insgesamt 17 Zählungen übersteigt erstmals seit 2014 die der Lebendfunde.

2020
In 2020 konnte der BUND Norderney auf die Unterstützung einer Praktikantin zurückgreifen, weshalb erstmals auch das Kleingartengebiet „Gaswerksgelände“ zwischen Richthofenstraße und Deichstraße in die Untersuchung einbezogen wurde. In diesem Kleingartengelände befinden sich 77 Gärten, wovon 15 einen Gartenteich haben, die auf die evtl. Nutzung als Laichhabitat untersucht wurden. In 8 der Gartenteiche befanden sich Laichballen, die Sichtung von erwachsenen Frösche wurde von einigen Kleingartenpächter*innen berichtet.
Die Ausgestaltung der Gartenteiche reicht von naturnah angelegten Gewässern mit einem Besatz von rund 30 Laichballen bis hin zu mit glattem Plastikrand eingefassten Teichen ohne Randbewuchs, in denen keine Froschansiedlung beobachtet werden konnte. Ein Teich war mitten in der Laichperiode aus Unkenntnis gereinigt worden, obwohl der BUND sich in den Vorjahren bereits per Presseerklärung an die Bevölkerung gewandt hatte.
Die erhöhte Zahl der Funde gegenüber dem Jahr 2019 resultiert aus den zeitlich ausgedehnteren Zählungen; nicht im Diagramm aufgeführt ist die nur in 2020 durchgeführte Einbeziehung des Erlenweges im Kleingartengelände, auf dem 27 lebende Tiere gefunden wurden.

2021
Je nachdem, ob sich nach Beginn der Wanderung eine warme und feuchte Witterung durchsetzt, sind etwa zwei Wochen nach Beginn der Laichperiode am Eisteich und am Beisterteich die „Froschkonzerte“ wahrnehmbar. Um die Weibchen auf sich aufmerksam zu machen, blähen die Männchen ihre Schallblasen auf, die laut knatternden Geräusche sind weithin hörbar. Am 31.03.2021 zählte der BUND im Rahmen eines solchen „Konzerts“ im Eisteich mindestens 110, im Beisterteich mindestens 150 erwachsene Tiere.

2023
Der 18.03. dieses Jahres erbrachte in einer Phase von mehreren windstillen Tagen mit mehr als 7°C eine seit 2001 nicht beobachtete „Froschschwemme“. Innerhalb weniger Abendstunden wurden auf der Deich- und Richthofenstraße insgesamt mehr als 170 lebende Individuen gezählt. Weil Anwohner*innen und zufällig vorbeikommende Radfahrer*innen sich an der Rettung der Tiere vor den Autos beteiligten, liegt die Anzahl der tatsächlich gefundenen Tiere vermutlich höher.

Schutzmaßnahmen
Am oben beschriebenen 18. März 2023 wurden neben den mehr als 170 Lebendexemplaren auch 41 überfahrene Tiere gezählt. 12 davon befanden sich auf der Richthofenstraße, die per Beschilderung für den nächtlichen Verkehr gesperrt ist. Hier ist eine verstärkte Kontrolle durch die örtliche Polizei notwendig.
Auf der Deichstraße forderte der Verkehr an diesem Abend 29 Opfer, was auch darauf zurückzuführen ist, dass in 2023 keine nächtliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h ausgeschildert war.
Für die Folgejahre muss diese Beschilderung wieder angeordnet werden. Zudem muss der Beginn der Verkehrsbeschränkungen zum Schutz der Grasfroschpopulation bereits in der zweiten Februarhälfte erfolgen, der BUND informiert die Behörden jeweils umgehend, wenn die Wanderung je nach Witterung etwa Ende März beendet ist.